Sonntagmorgen. Wir liegen übernächtig in unserem Bett und sind gerade dabei die gestrige Partynacht in unseren Träumen Revue passieren zu lassen, als der Nachbar, gerade jetzt, in diesem Moment völligen körperlichen Unbehagens, putzmunter die Bohrmaschine auspackt, um das neue Regal an die Wand zu dübeln. Auf unerträglichste Weise reißt uns der dröhnende Lärm aus dem Schlaf. Genervt, völlig erschöpft, und der Kopf kurz vorm platzen, schleppen wir uns zur Wohnungstür des Nachbarn, während wir uns in Gedanken ausmalen, was wir ihn nicht alles antun werden. Dem friedlichen Zusammenleben zu liebe, entscheiden wir uns dann doch, seine Frau, die uns nach dem fünften Klingeln freundlich die Tür öffnet, höflichst zu bitten, doch unter der Woche, oder wenigstens am Nachmittag die Arbeit zu erledigen. Worauf der Nachbar, welcher die Arbeit gerade unterbrochen hat, um zu horchen, wer an einem Sonntagmorgen bereits stört, grantig aus dem Nebenzimmer erwidert: „Das sind jetzt aber nicht die Störenfriede, deren Partygäste uns letzte Woche bis um vier Après-Ski Hits vorgegrölt haben?“

Derartige Situationen zu umgehen und damit Nachbarschaftsstreitigkeiten vorzubeugen ist nicht immer leicht, da sich nun einmal Lärm nicht allezeit vermeiden lässt. Um uns zuvorzukommen werden Ruhezeiten staatlich durch Verordnungen und Gesetze geregelt oder in Mietverträgen und Hausordnungen vereinbart. Doch wie sieht hier die Rechtslage aus? Wie verhalte ich mich einem Nachbarn gegenüber, der die Ruhezeiten nicht einhält, bzw. wie kann ich gegen ihn vorgehen? Und in welchem Ausmaß und zu welcher Zeit ist es mir selbst gestattet Lärm zu verursachen und welche Konsequenzen kann ein Regelverstoß mit sich ziehen?

Wir haben uns diese Fragen gestellt, und im Folgenden für euch beantwortet.

Rechtlicher Hintergrund von Lärmbelästigung

Privatrechtlich gesehen darf der Eigentümer eines Grundstücks, dieses, und die damit verbundene Wohnung, nach Belieben gebrauchen. Der Umfang der Nutzungsbefugnis des Mieters wird durch den Mietvertrag selbst geregelt. § 364 ABGB beschränkt jedoch das Recht des Eigentümers, und somit auch das Recht des Mieters, die Wohnung zu nutzen. Demnach darf durch die Nutzung nicht in die Rechte eines Dritten eingegriffen werden, noch gegen im allgemeinen Interesse vorgeschriebene Beschränkungen verstoßen.
Immissionen jeglicher Art können einen solchen Eingriff darstellen, wie z.B.: Abwasser, Rauch, Gas, Wärme, Geruch, Erschütterungen, aber eben auch Lärm. Diese sind grundsätzlich zu dulden. Sofern jedoch Immissionen das ortsübliche Maß überschreiten und die Nutzung des Grundstücks dadurch wesentlich beeinträchtigt wird, kann gegen unverhältnismäßige Immissionen vorgegangen werden. Das gilt somit auch für Geräuschbelästigungen, unerheblich welcher Quelle der Lärm entspringt.

Was als ortsüblich gilt, wird oft durch Verordnungen und Gesetze geregelt. Sonst ist anhand eines objektiven Maßstabs zu beurteilen, ob die Lautstärke, Häufigkeit und Dauer, aber auch Tageszeit des Lärms, eine nicht ortsübliche Geräuschbelästigung darstellt.

Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, wird auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abgestellt. Das persönliche Empfinden oder eine konkrete Belastbarkeit ist dabei nicht zu berücksichtigen.

Was nun als ortsüblich gilt und zu dulden ist, wird durch die Rechtsprechung einzelfallbezogen bestimmt. Zum Beispiel ist typischer Kinderlärm außerhalb der Ruhezeiten zu dulden. Das Kreischen eines Kleinkindes ist stets ortsüblich, das stundenlange Herumtoben von achtjährigen jedoch nichtmehr.

Beim Spielen von Musikinstrumenten ist auf das Musikinstrument selbst, und wiederum auf die Dauer und Lautstärke abzustellen. Tägliches vierstündiges Klavierspielen (außerhalb der Ruhezeiten) kann unter gegebenen Umständen noch als ortsüblich gelten.

Nicht selten wird ortsunübliche Lärmentwicklung durch die Haltung von Haustieren, wie etwa bellende Hunde verursacht. In Wohngebieten ist anzunehmen, dass eine Dauernde Geräuschentwicklung von mehr als 30 Minuten täglich als ortsunüblich zu qualifizieren ist.

Baustellenlärm und Gartenarbeit dürfen eine gewisse Intensität nicht überschreiten, und müssen so schnell wie möglich abgewickelt werden. Wann und wo Rasen gemäht werden darf, regelt in Wien sogar eine eigens erlassene Verordnung, wonach das Rasenmähen von mit Benzin angetriebenen Geräten am Samstagnachmittag, sowie an Sonn- und Feiertagen gänzlich verboten ist. Elektrische Geräte sind davon jedoch nicht erfasst.

Die Regelung des §364 ABGB ist jedoch dispositiv, was bedeutet, dass ihre Anwendung per Vertrag oder Hausordnung ausgeschlossen bzw. abgeändert werden kann.

Die Ruhezeiten in Österreich

Für Österreich gibt es keinen einheitlichen bundesweiten Abgleich von Ruhezeiten. Diesbezügliche Regelungen der Länder und Gemeinden sind verschieden. Es erweist sich daher als sinnvoll, sich über die Ruhezeiten der jeweiligen Wohngemeinde zu erkundigen. Wir geben euch einen kleinen Überblick der betreffenden Regelungen der bedeutendsten Wohngemeinden Österreichs:

Wien

In Wien gilt zwischen 22 Uhr und 6 Uhr die Nachtruhe, eine Sonntagsruhe ist nicht (mehr) rechtlich geregelt. Darüber hinaus sind jedoch ortspolizeiliche Verordnungen und Mietverträge samt Hausordnungen (insb. der Hausordnung von Wiener Wohnen und Kleingartensiedlungen) zu beachten!

Graz

Graz sieht an Werktagen Ruhezeiten von 19 Uhr bis 7 Uhr vor, samstags von 12 Uhr bis 15 Uhr.

Linz

Für Linz gilt von 22 Uhr bis 7 Uhr die Nachtruhe, hier ist auch eine allgemeine Sonn- und Feiertagsruhe vorgesehen.

Innsbruck

In Innsbruck ist neben einer Nachtruhe von 20 Uhr bis 6 Uhr, auch eine Mittagsruhe von 12 Ihr bis 15 Uhr geregelt. Auch hier gilt eine Sonn- und Feiertagsruhe.

Salzburg

Auch Salzburg sieht eine Nachtruhe von 19 Uhr bis 8 Uhr und eine Mittagsruhe von 12 Uhr bis 14 Uhr vor. An Sonn- und Feiertagen ist hier jedoch der Zeitraum von 10 Uhr bis 12 Uhr von den Ruhezeiten ausgenommen.

Klagenfurt

In Klagenfurt gelten werktags Ruhezeiten von 19 Uhr bis 7 Uhr, sowie von 12 Uhr bis 14 Uhr, sowie an Sonn- und Feiertagen ganztägig.

Innerhalb der Nachtruhezeiten ist jeglicher Lärm, der Nachtruhe empfindlich stören kann, zu unterlassen. Für sonstige Ruhezeiten gilt, dass hier Lärm allgemein zu vermeiden ist.

 

Wie kann ich mich gegen laute Nachbarn wehren?

Allgemein empfiehlt es sich, zunächst das Gespräch zu suchen. Sobald der Lärm das erträgliche Ausmaß überschreitet, sollte man Ruhe bewahren, wie im anfangs genannten Beispiel, den Nachbarn freundlich auf die Belästigung aufmerksam machen, und höflichst bitten, doch etwas leiser zu sein. Unter gesitteten Menschen zeigen üblicherweise beide Parteien Nachsicht, und drücken der guten Nachbarschaft zuliebe ein Auge zu, bzw. versuchen den Lärm möglichst zu reduzieren.

Wie wir jedoch alle wissen, gestaltet sich das friedliche Zusammenleben mit den Nachbarn, vor allem in Städten und dicht besiedelten Gebieten nicht immer leicht, weshalb im Folgenden auf weitere Abwehrmittel eingegangen wird.

Oft wird zunächst auf die „Anzeige wegen störenden Lärms“ bei der Polizei zurückgegriffen. Sofern nach den örtlichen Vorschriften (etwa Ruhezeiten) eine Verwaltungsübertretung vorliegt, ist diese auch verwaltungsrechtlich zu ahnden und zu bestrafen. Erfahrungsgemäß ist die Lärmbelästigung zum Zeitpunkt des Eintreffens der Exekutive bereits eingestellt, wodurch sich Anzeigen leider oftmals als fruchtlos erweisen.

Weiters steht es natürlich jedem frei, gerichtlich gegen Störenfriede vorzugehen, wobei man sich jedoch der hohen Kosten eines potenziellen Gerichtverfahrens bewusst sein sollte. Vielmehr empfehlen wir, euch an euren Vermieter zu wenden. Dieser ist nach § 1096 ABGB dazu verpflichtet den vereinbarten Gebrauch der Wohnung zu gewährleisten, auch wenn er dazu gegen Dritte (eure Nachbarn) vorgehen muss, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 364 ABGB vorliegt (siehe oben). Sollte der Vermieter keine Abhilfe schaffen, so droht ihm damit eine Mietzinsminderung.

Welche Strafe droht dem Lärmverursacher?

Wer schuldhaft und über das erlaubte Maß hinweg Lärm erregt, begeht eine Verwaltungsstrafe. Das konkrete Strafmaß ist jedoch nicht überall gleich, und ist in den jeweiligen Landespolizeigesetzen geregelt. So droht in Wien bei erfolgter Lärmbelästigung eine Geldstrafe von bis 700 Euro. In anderen Bundesländern wie Tirol kann eine solche sogar bis zu 1450 Euro betragen.

 

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